Über den Rhein

Über den Rhein

Frachtschiff auf dem Rhein


Unbeirrbar …

… fließt der deutsche Strom, der ebenso schweizerisch, französisch und holländisch ist, talabwärts – mal mit mehr, mal mit weniger Wasser, aber immer in die gleiche Richtung. Das war nicht immer so, im Lauf seiner Geschichte floss der Rhein erst ins Mittelmeer, dann mit der Donau ins Schwarze Meer und schließlich in die Nordsee. Die einschneidendste Veränderung seit zwei Millionen Jahren hat er im 19. Jahrhundert erfahren: die Begradigung. Die oberrheinische Tiefebene zu der die Verbandsgemeinde Bodenheim gehört, muss man sich um das Jahr 1800 als Auenlandschaft vorstellen, durch die der Rhein auf einer Breite von vier bis sechs Kilometern mäandriert.

Sumpfgebiet am Rhein

Ständig ändert er seinen Lauf, findet neue Bögen und Schleifen und nährt den Sumpf, der seinerseits die Erreger von Cholera, Typhus, Ruhr und anderen Fiebern nährt. Die betroffenen Bauern sahen in der Begradigung keine Vorteile und versuchten sie zu verhindern.  Vergeblich, im Jahr 1872, nach 40 Jahren, war es soweit: Der Rhein war in sein heutiges Bett gezwungen, auf der Strecke zwischen Basel und Mainz wurde er um 80 Kilometer gekürzt und seine Breite auf durchschnittlich gerade mal 200 Meter eingeengt.

Hochwasser

Nackenheimer Hafen

Die Folgen der Begradigung, von der vor allem Nackenheim, aber auch Bodenheim profitieren: Die Epidemien verschwanden, 10.000 Hektar neues Ackerland wurden gewonnen und das Hochwasser wurde "eingedämmt". Der Fluss fließt seitdem aber schneller, trägt mehr Erde weg und hat ein tieferes Bett gegraben, wodurch der Grundwasserspiegel erheblich abgesunken ist. Am engen Mittelrhein aber kam es wegen der Begradigung immer öfter zu Überschwemmungen. Das Tal ist dort nämlich so eng, dass die Dörfer auch heute noch regelmäßig, fast jährlich, überflutet werden.
Neue Auen, u. a. im Ried zwischen Mainz-Laubenheim und Bodenheim, sollen Abhilfe schaffen. Hier soll ein neuer Damm mit dem alten zusammen als Polder bis zu 6 Millionen Kubikmeter Hochwasser zurückhalten. Doch die Anlieger fürchten, dass der neue, oberirdisch dichte Damm unterirdisch Wasser durchlassen und dieses ihre Häuser beschädigen könnte. Bevor hier eine Entscheidung fällt, wird noch viel Hochwasser rheinabwärts fluten...

Gefährdetes Paradies

Schwan auf dem Rhein

Die Bodenheimer Aue längs des Rheines vom Laubenheimer Ried bis Nackenheim profitiert derweil von der Überschwemmung und präsentiert sich als ebenso erhaltenswerte wie gefährdete Landschaft. Hier und auf den beiden Inseln Sändchen und Kisselwörth findet der Ornithologe ein ideales Feld für seine Beobachtungen: Zwergtaucher, Turteltauben und sogar der schöne Eisvogel sind anzutreffen. Der Biologe trifft auf eine selten gewordene Art von Biotop, mit einer enormen, wenn gleich stark angegriffenen Pflanzenvielfalt. Selbst wer die Bezeichnungen der Pflanzen nicht kennt, der kann sich an der blühenden Landschaft erfreuen: Gottesgnadenkraut und Spanischer Rittersporn seien nur wegen ihrer schön klingenden Namen erwähnt.

Im Bannkreis eines großen Flusses

Frachtschiff auf dem Rhein

"An einem Strom geboren zu werden, im Bannkreis eines großen Flusses aufzuwachsen, ist ein besonderes Geschenk. Es sind die Ströme, die die Länder tragen und die Erde im Gleichgewicht halten, da sie die Meere miteinander verbinden und die Kommunikation der Weltteile herstellen … Im Strome sein, heißt, in der Fülle des Lebens stehen" (aus Carl Zuckmayer: "Als wär’s ein Stück von mir")