Geschichten
Herausgestreckte Zunge …
1608 errichtete man das heutige Bodenheimer Rathaus als Gerichtsgebäude. Seine farbige Pracht macht es zu einem der schönsten Fachwerkbauten der Renaissance weit und breit. Den Erker der Vorderseite schmückt das Bodenheimer Wappen (ein Esel unter einem Zweig trinkt aus einem Eimer angeblich Wein statt Wasser).
Auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein Kopf, der die Zunge herausstreckt. 1608 errichtete man das heutige Bodenheimer Rathaus als Gerichtsgebäude. Seine farbige Pracht macht es zu einem der schönsten Fachwerkbauten der Renaissance weit und breit. Den Erker der Vorderseite schmückt das Bodenheimer Wappen (ein Esel unter einem Zweig trinkt aus einem Eimer angeblich Wein statt Wasser). Auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein Kopf, der die Zunge herausstreckt.
Geschichte und Geschichten …
… begegnen uns in der Verbandsgemeinde Bodenheim auf Schritt und Tritt: Mancher Stein und manche Scherbe im Acker stammt aus römischer Zeit. Damals führten alle Wege nach Rom, so auch die Straße von Bodenheim nach Nackenheim. Wer gräbt, der findet: in den Weinbergen, im eigenen Garten, bei Nachbarn oder in alten Dokumenten. Den Ortskernen mit den engen Gassen ist anzusehen, dass sie aus dem Mittelalter stammen. Urkunden aus dem 8. Jahrhundert zeugen von kirchlichen Besitzern. Auch heute noch gibt es Hinweise auf die Macht der damaligen Kirchenherren, zum Beispiel die zu Rathäusern umgebauten Gerichtsgebäude in Bodenheim und Nackenheim. Es ist bekannt, dass die Lehnsherren erhebliche Abgaben einforderten und sich nicht nur mit Messwein begnügten.
Hexen und Handstreiche …
Als Hexe beschuldigt zu werden war meist Ausdruck von Argwohn, Aberglaube oder Intrige. So auch in Bodenheim, wo 1612 bis 1614 wiederholt Frauen vor Gericht einsaßen und auf ihren Prozess warteten. Als Glück für die Angeklagten erwies sich, dass Bodenheim und Nackenheim zwischen kurpfälzisch und kurfürstlich Mainzer Einfluss lagen: Die liberalen Kurpfälzer befreiten mehrmals im Handstreich Frauen aus dem Bodenheimer Gefängnis und ersparten dem Ort somit unrühmlich-schaurige Prozesse und Hinrichtungen.
König Konrad und sein Stuhl …
Im Mittelalter herrschten deutsche Könige – laut Titel als römische Kaiser deutscher Nation – über halb Europa. Nachdem im Jahre 1024 mit Heinrich II. die Linie der Ottonen erlosch, stand für das Riesenreich ein Machtwechsel an. Der Salier Konrad II. zog als Kandidat am 8. September 1024 Richtung Krönungsort Mainz. In der Nähe von Lörzweiler soll er zum König gewählt und zum Zeichen seiner Würde auf den dortigen Königstuhl gehoben worden sein. Eine andere Version spricht für das untergegangene Kamba – rechtsrheinisch vis-à-vis Oppenheim – als Ort des Geschehens.
Machtwechsel …
Bistümer, Klöster und Stifte veräußerten im Laufe der Jahrhunderte zum Großteil ihren Besitz an Grafen, Vögte und andere Adelige. Diese erbauten je nach Vermögen und Ansehen jene Gutshöfe, die den malerischen Charakter der Orte prägen. Ihre Namen (z.B. Breidenbach, Schönborn und Metternich) verweisen heute noch auf die Geschichte. Ausdruck der weltlichen Macht war das schon seit 1338 in Bodenheim ansässige Ober- und Dorfgericht, Ort der Rechtsprechung auch für die Umgebung.
Feinde werden Freunde …
Die Franzosen kamen immer wieder in die Orte der heutigen Verbandsgemeinde. Interessen- und Streitpunkt für verschiedene Länder zu sein bedeutet umkämpft zu werden. So gab es über Jahrhunderte hinweg Besatzer, an- und abrückende Truppen und ständig wechselnde Einquartierungen. In Erinnerung blieben die "revolutionären" Franzosen, die unter Napoleon kamen. Der Status als französische Besatzungszone (1919–1930) wurde als “Stachel" empfunden, mit dem die deutsche Kriegsschuld am Ersten Weltkrieg abgegolten wurde. Die Zeiten der "Erbfeindschaft" sind endgültig vorbei. Seit den 60er Jahren gibt es rege Partnerschaften mit Orten in Burgund: Eppoisses, Lièrnais, Messigny-et-Ventoux, Pommard und Seurre. Die Franzosen sind gern gesehene Gäste, die privat oder offiziell kommen, ihre deutschen Freunde und deren Gastfreundschaft mögen.
Königliche Romantiker …
1793 war Bodenheim Hauptquartier für die preußischen Belagerer von Mainz, das unter Napoleon die erste Republik auf deutschem Boden war. Das Anwesen Schönborn beherbergte nicht nur König Friedrich Wilhelm II. und dessen Sohn, sondern auch Goethe, der die Belagerung beschrieb. Im Wonnemonat Mai kam es zur romantischen Begegnung Frischverlobter: Der Kronprinz und spätere Friedrich Wilhelm III. v. Preußen turtelte hier mit seiner schönen Braut Louise.
Nur noch stumme Zeugen …
Die jüdisch-dörfliche Kultur gehörte seit Ende des Mittelalters zum Leben in den fünf Orten. Die Juden arbeiteten vor allem als Händler und Handwerker und ihr religiöses und kulturelles Leben wurde toleriert. 1853 erbaute die jüdische Gemeinde in Bodenheim eine eigene Synagoge. 1883 folgte die Erlaubnis, am Ortsrand einen eigenen Friedhof anzulegen. Ein Beispiel für den gemeinsamen Alltag von Juden und Christen findet sich z. B. in Zuckmayers "Der fröhliche Weinberg".
Die friedliche Koexistenz endete jedoch mit dem Nationalsozialismus: Plünderungen, Enteignungen, Schikanen und Gewalt machten den jüdischen Bürgern das Leben erst schwer, dann unmöglich. Exil oder Vernichtung hieß bald die Alternative. Die jüdische Kultur in den fünf Orten ist seitdem verloren.
Rheinisch-Hessisch …
Durch den Wiener Kongress (1813/14) wurde auch das linksrheinische Gebiet um Nackenheim und Bodenheim hessisch. Als Teil Hessen-Darmstadts partizipierte es an technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen: Die "Vereinten Kapselfabriken" in Nackenheim stellten seit 1868 Arbeitsplätze in der Industrie. Rheinschiffe und Postkutschen wurden durch die Eisenbahn ersetzt. Unter Dampf konnte man seit 1853 zwischen Mainz und Worms fahren. Die Nebenbahn von Bodenheim nach Alzey war von 1896 bis 1985 in Betrieb. Heute kann man mit dem Rad auf der stillgelegten Strecke Natur und Eisenbahnromantik erleben.